Samstag, 23. Juni 2012

Und ich stieß mich an einer Schwelle ...

Und ich stieß mich an einer Schwelle, denn es gibt Zeiten, in denen die Sprache nichts begreifen und nichts voraussehen kann. Diese dort halten mir die Welt wie ein Bilderrätsel entgegen und verlangen, ich solle es ihnen erklären. Aber es gibt keine Erklärung und die Welt hat keinen Sinn. "Sollen wir uns unterwerfen oder kämpfen?" Man muss sich unterwerfen, um zu überleben, und kämpfen, um weiter zu existieren. Lass das Leben nur machen. Denn das ist das Elend des Tages, dass die Wahrheit des Lebens, die nur eine ist, widersprechende Formen annehmen wird, um sich auszudrücken. Aber gib dich keiner Täuschung hin: So wie du bist, bist du gestorben. Und deine Widersprüche gehören zur Häutung, wie deine Schmerzen und dein Elend. Es kracht in dir und zerreißt dich. Und dein Schweigen ist das Schweigen des Weizenkorns in der Erde, wo es fault, um zu werden. Und deine Unfruchtbarkeit ist die Unfruchtbarkeit der Schmetterlingspuppe. Aber du wirst wiedergeboren werden, verschönt von den Bäumen. Auf dem Gipfel des Berges, wo deine Probleme gelöst sind, wirst du dir sagen: "Wie war es möglich, dass ich's anfangs nicht verstanden habe?" Als ob es anfangs etwas zu verstehen gegeben hätte.

Antoine de Saint-Exupéry, Die Stadt in der Wüste, 86

Mittwoch, 13. Juni 2012

Das steigende Licht fällt

Das steigende Licht fällt
manchmal
ist Nacht
            und leise das Land

obschon fern, kichert die Sonne
von der anderen Seite der Welt
wie ein Kind,

das nichts weiß von Kummer,
dem das Leben ist wie ein Spielplatz

und jeder Tag Anlass
Kuchen zu formen aus Sand.

Freitag, 8. Juni 2012

Stumm

Völlig ganz, heil
bin ich
doch keine Worte mehr

wie entfühlt

Denn das Licht bebt nicht
strahlt voll, hält Hände
schwingt die Lippen weit zum Dank

Innen so sehr wenig
Dunkelheit wie nie, so schön

und schön
und unzerlebt

lückenhaft

stumm